50 Jahre SC Fortuna Bonn – Teil 38 (Teil 1)

Die Saison 2006/2007
Mit gemischten Gefühlen ging die Erste Mannschaft der Fortuna in die Spielzeit 2006/2007. Fast die gesamte Offensivabteilung hatte die Fortuna verlassen. FLORIAN NUSCHE (heute CORNIDES), der allein für 26 Tore in der vergangenen Saison zuständig war, wechselte genauso wie MATTHIAS DAMASCHEK nach Endenich. DIMA PAVLOV zog in den Osten Deutschlands und stand folglich auch nicht mehr zur Verfügung. Außerdem musste LUIZ WEITER studienbedingt nach Holland. Auch STEFAN PIECHOTTA stand mittlerweile nicht mehr zur Verfügung. Für insgesamt 51 Tore waren die aufgezählten Leistungsträger in der vergangenen Saison verantwortlich und wurden von nun an schmerzlich vermisst. Das gleichgebliebene Trainerteam um VLADIMIR LIUTYI und KLEMENS TSCHINKEL war somit gezwungen, die letztjährige sehr offensive Spielweise umzustellen. Von nun an sollte die Konzentration auf die Defensive gelegt werden und vor allem mit einem starken Mittelfeld zu Toren gekommen werden.

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Dabei helfen sollten vor allem die aus den Nachbarort Friesdorf gekommenen Neuzugänge MARCEL LAMMERSKITTEN, der schon in der Jugend bei der Fortuna gespielt hatte, und THOMAS GISZTER, der für seine äußerst rustikale (bis brutale) Spielweise über die Grenzen von Bonn bekannt war. Außerdem fand LANDRY NIAGNE, der für seine Tunnelaktionen im eigenen Strafraum bekannt werden sollte, vom TuS Roisdorf und TONI PIGNATARO, oder doch DIGNAFARO, aus Stuttgart den Weg ins Wasserland. Aus der eigenen Jugend kam des Weiteren LEO DE BRAGANCA, der schon als kleines Kind mit auf der Auswechselbank bei den Senioren gesessen hatte, hoch zur Ersten Mannschaft.

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Insgesamt waren alle Neuzugänge aber Defensivspezialisten, was nicht nur das Trainerteam dazu veranlasste, die Saisonziele vor der Saison ein wenig vorsichtiger zu formulieren. Liutyi gab in der örtlichen Presse an, einen Platz in der oberen Tabellenhälfte anzupeilen. Auch bei den Kreisliga-Trainern hatte die hohe Erwartungshaltung gegenüber der Fortuna nachgelassen. In der vergangenen Saison hatten alle Trainer und Kreisliga-Kenner die Fortuna noch ganz oben auf dem Zettel, wenn es darum ging, auf einen Meisterschaftskandidaten zu tippen. In diesem Jahr gab zu Beginn der Hinrunde nur noch der Trainer von Wachtberg II der Fortuna Außenseiterchancen auf den Titel. Alle konnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, dass die Neuzugänge einschlugen wie eine Bombe, fast alle alteingesessenen Spieler über sich hinaus wuchsen und vor allem Marcel Lammerskitten Tore am Fließband schießen sollte.

Die Vorbereitung sollte für alle Spieler wieder genauso hart werden wie in den vorherigen Spielzeiten. Unzählige Trainingseinheiten, Testspiele und mehrere Turnierteilnahmen standen auf dem Programm. Bei den Turnieren in Meindorf, Wachtberg und im Wasserland wurde jeweils ein dritter Platz geholt. Im Kreispokal war dank eines ausfallenden Flutlichts im Wasserland schon in der ersten Runde gegen den TuS Pützchen Schluss.

Die Hinrunde verlief recht erfolgreich. Auch wenn man im dritten Spiel schon mit einem 3:4 in Odendorf die erste Niederlage hinnehmen musste, sammelte man fleißig Punkte. Dass man durchaus ganz oben mitspielen konnte, bewies das Meisterschaftsspiel in Merten, beim absoluten Topfavoriten der Liga, welches man mit 1:0 gewinnen konnte. Zur Winterpause gehörte man mit 27 Punkten und 26:17 Toren der Spitzengruppe der Liga an. Der SSV Merten hatte sich allerdings schon ein kleines Punktepolster erarbeitet.

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In der Winterpause warteten dann allerdings zwei Hiobsbotschaften auf die Fortuna. Die Verletzung von LUIS SPITTA, der eine so hervorragende Hinrunde gespielt und viele Tore vorbereitet wie auch selbst geschossen hatte, stellte sich als ein Mittelfußbruch heraus. Die Saison war für ihn natürlich gelaufen. Außerdem verließ Trainer Vladimir Liutyi den Verein. Er nahm ein Co-Trainerangebot bei Lokomotive Moskau an und zog von nun an den Europapokal dem Kreisliga-Fußball vor. Liutyi ist bis heute ein guter Freund der Fortuna und kommt immer mal wieder zu Besuch. Mittlerweile ist er bei Hansa Rostock angestellt und leitet dort das Nachwuchszentrum sowie die A-Jugend.

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Liutyis Nachfolger wurde MAX LUNGA, ehemaliger Nationalspieler aus Simbabwe, der u.a. für den Bonner SC auf Torejagd ging und Trainer beim SSV Bornheim war. An seiner Seite stand weiterhin Co-Trainer Klemens Tschinkel. Neu zur Mannschaft stieß Rückkehrer LUIZ WEITER, der keine Lust mehr auf Holland hatte. Außerdem kamen die während der Hinrunde dazu gestoßenen Offensivspieler MAMADY KOUROUMA und THORSTEN BÜSCHGENS immer besser in Schuss. Die Erfolgsstory konnte also weitergehen bzw. jetzt so richtig beginnen.

Die Rückrunde begann hervorragend mit mehreren deutlichen Siegen. Schon am 20. Spieltag hatte man den zweiten Platz in der Tabelle erreicht und machte von nun an Jagd auf den Spitzenreiter SSV Merten. Mitte der Rückrunde kam es dann im Wasserland zum Spitzenspiel gegen den SSV Merten. Über 300 Zuschauer waren dabei und sahen eine Fortuna aufspielen, die jetzt immer mehr an die mögliche Meisterschaft glaubte. Fortuna gewann mit 2:1 und war nun bis auf vier Punkte am Spitzenreiter dran. Die Saison wurde immer spannender und die Zeitungen berichteten nur noch von dem daramatischen Zweikampf an der Tabellenspitze.

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Am drittletzten Spieltag gewann die Fortuna nach einem Rückstand noch 3:1 in Roleber und war nun nur noch ein Punkt hinter Merten. Merten hatte allerdings das leichtere Restprogramm und hatte am vorletzten Spieltag den Sekt schon kalt gestellt. Zu Hause empfing man die bereits abgestiegenen Wormersdorfer, während Fortuna zwei Stunden zuvor bei der ganz starken Zweitvertretung des VFL Alfter ran musste. Auf der matschigen Asche spielte die Fortuna aber einmal mehr groß auf und ließ den späteren Tabellenfünften keine Chance. Man gewann mit 3:0 und war wieder ein Stückchen näher am Aufstieg dran. In der Quotienten-Regelung hatte man hinter dem VFL Kommern aber noch ganz knapp das Nachsehen. So entschied sich der Fortuna-Tross nach Merten zu fahren, um sich den vermeintlichen Sieg des Spitzenreiters anzusehen. Allerdings sollte es dazu nicht kommen. Unter dem ohrenbetäubenden Jubel der Fortuna erreichten die Wormersdorfer ein Unentschieden. Somit zog die Fortuna an Merten vorbei und war nun Spitzenreiter.

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Letzter Spieltag! Die Fortuna hatte es in der eigenen Hand. Ein Sieg gegen den SSV Bornheim auf der heimischen Asche und man wäre Meister und damit aufgestiegen in die Bezirksliga. In Kessenich war die Fortuna in aller Munde und alle sprachen von der möglichen Meisterschaft. Vor über 700 lautstarken Zuschauern und mehreren Kamerateams von Kessenich TV betrat die Mannschaft das Feld. Die spannendste Saison der letzten Jahre (Zitat der örtlichen Presse) sollte noch einmal ihren Höhepunkt finden. Fortuna spielte zurückhaltend und ging mit 0:1 in Rückstand. Zeitgleich führte Merten schon 3:0 in Hersel. Auch der VFL Kommern führte hoch. Früh wurde klar, dass ein Unentschieden nicht zum Aufstieg in die Bezirksliga reichen würde. Ein Sieg musste unbedingt her. Elfmeter für Fortuna! Torhüter MARCEL MALZAHN sprintete über den gesamten Platz und verwandelte eiskalt. Zur Halbzeit stand es 1:1, man merkte der Fortuna die Nervosität aber an.

Feier mit Pyro

 

Zur zweiten Halbzeit wurde es allerdings besser. Fortuna fand immer besser ins Spiel und bekam in der 60 Minute erneut einen Elfmeter zugesprochen, nachdem THOMAS SCHWEITZER im Strafraum gefoult worden war. Malzahn lief wieder an… und verschoss. Es blieb beim 1:1. Das Spiel plätscherte dahin und die ersten Zuschauer verloren den Glauben an das große Ziel. Doch der große Traum sollte noch wahr werden. In der 83. Minute spielte Thomas Schweitzer einen perfekten Pass quer in den Strafraum, den LUIZ WEITER zum 2:1 einschieben konnte. Das Wasserland explodierte. Mehrere hundert Zuschauer rannten auf den Platz und begruben den Torschützen unter sich. Das Spiel stand kurz vor dem Abbruch, doch der gute Schiedsrichter wartete geduldig bis alle Fortuna-Anhänger den Platz wieder verlassen hatten. Dennoch hatten in der Folge die Ordner alle Hände voll zu tun, weil jeder Pfiff des Mannes in Schwarz als Abpfiff gedeutet wurde. Bornheim versuchte noch einmal alles um das Spiel noch zu drehen, doch elf Fortunen rührten Beton hinten an. Als dann der Schlusspfiff im Wasserland ertönte, gab es kein Halten mehr. Die Fortuna hatte es geschafft, war Meister und fand nach 28 Jahren den Weg zurück in die Bezirksliga.

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Bis spät in die Nacht wurde im Wasserland und in der Markusschänke gefeiert und gesungen. Auch die darauffolgenden Tage wurden genutzt um ausgiebig die Meisterschaft zu feiern. Und wenn ein Mitspieler mal nicht zu den Feierlichkeiten erschien, wurde er zu Hause abgeholt und der Ehefrau entrissen. Eine tolle Mannschaft mit einem großartigen Teamgeist hatte das Unmögliche möglich gemacht. Noch heute sind viele der damaligen Spieler dem Verein treu verbunden. Einige sind selber Trainer, andere bekleiden Vorstandsämter und viele spielen noch bei den Alten Herren der Fortuna. Ein damaliger Held ist übrigens immer noch Teil der Ersten Mannschaft. ARNE KETELHODT sammelt bis heute fleißig Einsätze für Hermanns Ewigen-Wertung.

Der „Skandal“ dieser Saison sollte unter all diesen positiven Textzeilen allerdings nicht vergessen werden. Auch die Presse berichtete damals mehrfach von der Auseinandersetzung zwischen Co-Trainer KLEMENS TSCHINKEL und Kapitän STEFAN LAßLOP. Laßlop war drauf und dran in der ewigen Torschützenliste der Fortuna Tschinkel einzuholen und ließ ihn dieses Vorhaben auch vor jedem Spiel wissen. Da Laßlop grundsätzlich nicht fürs Toreschießen auf dem Platz stand, musste dieser bis zum vorletzten Hinrunden-Spieltag warten. Zu Gast war der Tabellenletzte Weißer Adler Bonn. Beim Stande von 6:0 bekam die Fortuna einen Elfmeter zugesprochen. Tschinkel schrie zwar auf den Platz „Lass nicht den Laßlop schießen“, doch dieser setzte sich über jede Rangfolge hinweg und schnappte sich den Ball. Tschinkel stellte sich, mit der Absicht den Schützen abzulenken, wild gestikulierend hinter das Tor, konnte Laßlop aber nicht davon abhalten, locker zu verwandeln. Genüsslich lief der Torschütze dann an seinem Co-Trainer vorbei und zeigte diesem aus Spaß den Mittelfinger. Der Schiedsrichter fand das gar nicht lustig und zeigte Laßlop die rote Karte, der damit dann eine sechswöchige Sperre aufgebrummt bekam. Liutyi war stinksauer und verdonnerte beide zur Ausrichtung eines Mannschaftsabends mit den dazugehörigen Kaltgetränken. Noch heute ist diese Geschichte eine der beliebtesten Halbzeit-Erzählungen im Wasserland.

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Über diese Saison gibt es unzählige Bilder, viele Presseartikel und mehrere Videos. Ein paar Bilder und Presseartikel sind angehangen. Ein paar Videos werden wir in Kürze mit Sicherheit auch mal präsentieren. Wir sind allerdings immer noch auf der Suche nach der damaligen ca. 10minütigen Zusammenfassung des Spiels und der anschließenden Feierlichkeiten mit Kommentaren und Interviews von Kessenich TV. Wenn das Video noch einer hat, so solle er sich doch bitte melden.